Ich habe Kritik, aber ich fand das Buch auch echt interessant
Autor: Lilly M. Beck
Titel: Wer bist du wirklich?
Verlag: Berlinable
Herkunft des Buches: Rezensionsexemplar
Format: eBook
ISBN: -
Seiten: 126
Veröffentlichungsdatum: 29.10.2020
Preis: 3,99€
Klappentext:
Die junge Vicky musste schon früh schmerzlich erfahren, dass das Schicksal grausam zuschlagen kann. Davon hat sie sich nie wirklich erholt und trägt Dämonen in sich. Ihr Talent ist aber, Unangenehmes ganz weit nach hinten zu schieben. Wozu die Vergangenheit aufarbeiten, wenn man in der Gegenwart leben kann? Sie konzentriert sich auf das Hier und Jetzt und versucht jeden einzelnen Moment intensiv auskosten und mitzunehmen. Seit Jahren fokussiert sie sich nur auf positive Dinge und blendet Negatives aus, um sich nicht unnötig belasten. Zeit ist kostbar, und sie will ihr Leben genießen und sich frei fühlen.
Wie für eine junge Berlinerin wohl üblich, gestaltet Vicky ihr Leben abwechslungsreich – auch sexuell. In der lebendigen und pulsierenden Großstadt fällt ihr das natürlich äußerst leicht. Nach der Trennung von ihrem letzten Freund hat sie auch gar keine Lust mehr, sich festzulegen. Viel zu spannend sind die Möglichkeiten, die sich ergeben, wenn man wachsam, neugierig und aufgeschlossen ist. Die einzige Konstante in Vickys Leben ist ihre Clique. Die Truppe ist Ersatzfamilie, Gang und Aufpasser zugleich, die auch mal mahnend den Finger hebt. Im Grunde erfährt Vicky von ihren Freunden aber stets Rückhalt und wird bei allen ihren wilden Vorhaben unterstützt.
So auch, als sie sich mit ihrer besten Freundin Odette zu Halloween bei einer Sex-Kostümparty bewirbt. Alle tuscheln darüber, dass es sie gibt, aber nie erfährt man, was da wirklich los ist. Vickys Abenteuerlust ist geweckt. Sie kann ihr Glück kaum fassen, als sie eine Zusage für die Party erhält. In letzter Zeit sind in ihrem Leben viele seltsame Dinge passiert, die Ablenkung kommt ihr also gerade recht. Ihr neuer Job kostet sie den letzten Nerv und sie wünscht sich einfach nur eine heiße Nacht. Ihre Fantasie schlägt Purzelbäume, denn alles und nichts ist möglich.
Aber Simon, dem heißen Typen, den sie gerade kennengelernt hat, verrät sie besser nicht, was sie vorhat. Wer weiß, wie sich das mit ihm weiterentwickelt. Er gefällt ihr gut. Zumindest vögelt er sie um den Verstand und das kann sich Vicky auf Dauer doch nicht entgehen lassen…
Rezension
Vicky ist eine sehr selbstbewusste Frau. Sie mag Männer und Sex und hat kein Problem damit, das offen zu kommunizieren. In einem Club lernt sie Simon kennen. Irgendetwas ist anders mit ihm. Er geht ihr irgendwie unter die Haut, aber es geschehen auch immer wieder seltsame Dinge. Zeitgleich nimmt Vicky einen neuen Job an, den ihr ihre Seelenschwester Odette vermittelt hat. Ihr Chef ist eigentlich ganz nett, die erste Assistentin dagegen eine Ausgeburt der Hölle. Und dann wäre da auch noch ihr Ex, der diesen Status gern wieder ändern würde. Plötzlich ist Vickys Leben ziemlich chaotisch.
Dieses Buch ist der erste „richtige“ Roman von Lilly M. Beck, die bislang nur Kurzgeschichten veröffentlicht hat. Sie bleibt ihrem Genre, Erotik, durchaus treu, allerdings wagt sie sich auch in neue Gefilde.
Ich persönlich muss sagen, dass ich mich sehr auf dieses Buch gefreut habe und ich wurde nicht enttäuscht. Klar habe ich auch Kritik, aber zu der erst an späterer Stelle mehr.
Vicky war mir sympathisch. Sie ist keine „klassische“ Protagonistin. Sie ist nicht schüchtern oder sexuell zurückhaltend, sondern eher das Gegenteil. Sie geht gern mit ihren Freunden aus, sie trinkt ganz gern, sie feiert, sie tanzt und sie schleppt Männer ab. Aber in der Regel nur für One-Night-Stands. Wenn sie doch mal in einer Beziehung ist, wird ihr schnell langweilig, sie braucht die Abwechslung. Beim Feiern lernt sie Simon kennen und irgendwie ist sofort alles anders als sonst. Er geht ihr irgendwie unter die Haut. Das beruht auf Gegenseitigkeit. Mir war auch Simon sympathisch, allerdings merkt man die ganze Zeit, dass er so einiges verschweigt und das sorgt für eine gewisse Prise Misstrauen.
Der Schreibstil ist einerseits ein Plus- und andererseits gleichzeitig auch ein Minuspunkt. Ich weiß, das ist ein Widerspruch. Ich fand es gut, dass man allen gefolgt ist, also die Geschichte nicht aus einer bestimmten Sichtweise erzählt wurde. Leider hat das aber immer wieder auch zu Problemen geführt, wenn zum Beispiel mehrere Charaktere anwesend waren und man hin und her gesprungen ist, ohne Warnung und immer wieder nur „er“ und „sie“ zur Orientierung hatte, doch bei mehreren Charakteren, gab es schnell auch mal mehrere „er’s“ und „sie’s“. Ab und an habe ich da den Überblick verloren. Ebenso wie bei Gedanken, weil da oft erst ganz am Schluss stand, dass es ein Gedanke ist und auch nicht immer klar war, wessen Gedanke.
Andererseits wiederum hat gerade dieser Stil auch dafür gesorgt, dass es lange geheimnisvoll geblieben ist, was irgendwie auch wieder cool war.
Das Ende war halboffen, was ich prinzipiell sehr gerne mag, allerdings klingt das hier für mich fast, als käme da noch ein zweiter Teil, was ich persönlich begrüßen würde.
Fazit: Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Ich mochte die Charaktere, auch wenn es ab und an noch etwas holprig zu ging und der Schreibstil gleichzeitig ein Plus- und ein Minuspunkt war. Aber irgendwie hat mich das Buch trotzdem sehr gepackt. Die Verwirrung, die bei mir aufkam, sorgte gleichzeitig dafür, dass es sehr lange spannend und geheimnisvoll blieb. Das offene Ende tut sein Übriges. Ich bin echt gespannt, ob es da einen zweiten Band geben wird.
Was mir besonders gut gefiel war, dass die Protagonistin ein sexuell selbstbestimmtes Leben lebt und dazu steht. Frauen sollten sich niemals für ihre Sexualität schämen!
Von mir bekommt das Buch ganz knappe 4 Sterne.