Ein sehr interessanter Roman mit einer heftigen Auflösung, die ich aber teilweise erraten konnte
Autor: Lisa Jewell
Titel: Weil niemand sie sah
Original Titel: Then She Was Gone
Übersetzer/in: Carola Fischer
Verlag: Limes
Herkunft des Buches: Random House Blogger Portal
Format: Taschenbuch
ISBN: 9783809027140
Seiten: 384
Veröffentlichungsdatum: 10.02.2020
Preis: 15,00€
Klappentext:
Ein Mädchen – verschwunden. Die Wahrheit – tief vergraben. Doch manchmal bringt die Zeit selbst das Unvorstellbarste ans Licht …
Ellie Mack war fünfzehn. Klug, gewitzt, der Liebling ihrer Mutter. Sie hatte ihr ganzes Leben noch vor sich. Bis sie von einem Tag auf den anderen spurlos verschwand. Zehn Jahre sind seitdem vergangen, doch insgeheim hat Laurel nie die Hoffnung aufgegeben, ihre Tochter irgendwann wiederzufinden. Ihr eigenes Glück ist nebensächlich geworden. Dann lernt sie einen Mann kennen, in den sie sich Hals über Kopf verliebt. Was ihr jedoch wirklich den Atem raubt, ist die Begegnung mit seiner neunjährigen Tochter – denn diese ist Ellie wie aus dem Gesicht geschnitten. All die unbeantworteten Fragen sind mit einem Mal wieder da: Was geschah damals mit Ellie? Und gibt es jemanden, der endlich Licht ins Dunkel bringen kann?
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Bewertung: 4 Sterne
Rezension
2005 verschwindet die 15-jährige Ellie spurlos. Die Ehe ihrer Eltern zerbricht daran. Ihr Vater scheint damit abgeschlossen zu haben, ihre Mutter kann das nicht. Jetzt, 10 Jahre später, gibt es endlich eine Spur. Doch niemand ahnt, welches Bild sich ergibt, als alle Puzzle-Teile letztlich zusammengefügt werden.
Der Stil des Buches ist wirklich der Hammer. Man folgt immer wieder Ellie, die darüber sinniert, ob das Unheil, also ihr Verschwinden, irgendwie hätte verhindert werden können, wenn dieses oder jenes nicht passiert oder passiert wäre. Was wohl das Ereignis gewesen sein mag, durch das ihr Verschwinden ausgelöst worden ist. Man erlebt mit ihrer Mutter, wie Ellie verschwindet und was danach geschah. Man ist dabei, wie Hoffnung und Angst Hand in Hand gehen, als es heißt, es gäbe vielleicht eine Spur. Lebt Ellie oder ist sie tot? Als dann feststeht, dass sie tot ist, ist man dabei, wie Laurel ganz langsam anfängt wieder zu leben, sich auf einen neuen Mann einlässt. Doch der Gedanke an Ellie bleibt stets präsent.
Man folgt auch noch anderen Charakteren, aber ich kann nicht verraten welchen, sonst würde ich spoilern.
Vom ersten Moment an ist man „drin“ in diesem Buch. Der ungewöhnliche Schreibstil und Aufbau sorgen dafür, dass man unglaublich nah an den Charakteren ist. Man rätselt direkt mit und fragt sich, was passiert ist und was der Auslöser gewesen sein mag. Ob alles wirklich so ist, wie es scheint. Dadurch, dass man diese vielen Sichtweisen hat, kann man die Gedanken, Entscheidungen und Motive jeweils sehr gut nachvollziehen bzw. erfährt man, was sie dazu gebracht hat, sich entsprechend zu verhalten und zu entscheiden.
Stück für Stück setzt sich das Puzzle zusammen, obwohl ich teilweise erraten konnte, was passiert war, aber nicht alles. Zwischendrin gab es für mich den ein oder anderen kleinen Durchhänger, aber immer nur recht kurz. Ich bin mir nicht ganz sicher, wie realistisch die ganze Story ist, aber sie liest sich gut und darauf kommt es an.
Die Auflösung des Falls ist heftig, schockierend und tragisch. Arme Ellie, wirklich, arme Ellie, sie tut mir so schrecklich leid! Es ist erschreckend, wie schnell man im Plan eines anderen Menschen unter die Räder geraten und sterben kann. Wie viele Zufälle und unglückliche Umstände zusammengetroffen sind, mit dem Ergebnis, dass niemand gesehen hat, wie Ellie verschwand. Es kommt so vieles zusammen und das Endergebnis ist tragisch. Ich habe Ellie direkt gemocht und fand es so schade, dass sie nicht überlebt hat. Ich hatte es mir für sie so sehr gewünscht.
Die Bilanz des Romans am Ende ist echt interessant. Aber der Epilog ist nochmal ein Tritt in den Magen.
Fazit: Mir hat das Buch gut gefallen. Es ließ sich gut lesen und war durch die Perspektivwechsel etwas ganz anderes. Ich meine wie oft folgt man schon einem toten Mädchen, das darüber sinniert, welche Entscheidungen wohl zu ihrem Verschwinden und letztlich zu ihrem Tod geführt haben? Man folgt auch ihrer Mutter und erlebt dadurch, das Verschwinden auch aus einer anderen Perspektive und die Folgen, die dies auf das Leben der Familienmitglieder hatte.
Ich konnte einiges ziemlich früh erraten, aber insgesamt gefiel mir die Story wirklich gut. Vielleicht nicht zu 100% realistisch, aber heftig. Man erfährt auch durch die anderen Charaktere, denen man folgt, wieso sie welche Entscheidungen getroffen haben und wie deren Leben mit Ellie verwoben ist. Zwischendurch hat das Buch aber auch mal Durchhänger, da muss man sich dann durchbeißen. Denn es gibt sie, um das Ende bzw. die Auflösung schockierender zu machen. Klappt nicht so gut, wenn man einen bestimmten Teil, wie ich, erraten hat, aber ansonsten kann ich mir schon vorstellen, dass das den Schockeffekt verstärkt.
Von mir bekommt das Buch wegen der Durchhänger, bei denen ich mir wirklich Mühe geben musste dran zu bleiben, 4 Sterne.