Off-Topic: Was macht eine Lektorin eigentlich?
Viele von euch wissen, dass ich als Lektorin arbeite, für manche ist es dagegen neu. Bald habe ich mein Einjähriges als Lektorin und ich dachte mir, ich sollte auch mal etwas hier dazu schreiben - immerhin hat mit diesem Blog alles angefangen.
Immer wieder erreichen mich Anfragen, aus denen ersichtlich wird, dass der Absender nicht weiß, was eine Lektorin wirklich macht.
Hier mal die klassischen Vorurteile:
Lektoren löschen das halbe Buch.
Das, was der Lektor sagt ist Gesetz.
Nach dem Lektorat enthält der Text keine Fehler mehr.
Wozu Lektoren, Testleser sind genauso gut.
Lektoren sind viel zu teuer.
Lektoren lesen den ganzen Tag nur, das ist doch keine Arbeit.
Es gibt viele Vorurteile und falsche Vorstellungen.
Hier erfahrt ihr, wie es wirklich ist:
Ich lösche nicht „einfach so“ das halbe Buch. Klar kann es vorkommen, dass ich einen Autor zum Kürzen anrege, es kann aber genauso vorkommen, dass ich Ergänzungsvorschläge mache.
Was ich sage, ist keineswegs Gesetz. Ich mache Vorschläge. Das Letztentscheidungsrecht hat immer der Autor.
Nach dem Lektorat sind zwar viele Fehler ausgemerzt, aber keineswegs alle. Das ist der Unterschied zwischen Lektorat und Korrektorat. Beim Lektorat geht es vor allem um den Inhalt, den Satzbau, die Sprache, die Charaktere, den Roten Faden.
Testleser sind gut und praktisch. Ich rate immer zu Testlesern schon allein, um herauszubekommen, wie das Buch im „echten Leben“ so ankommt. Aber ein Lektor liest nicht bloß das Buch und sagt seine Meinung. Ein Lektor greift aktiv ein, verschriftlicht seine Vorschläge im Manuskript. Ich tauche tief in den Text ein und finde nicht nur Ungereimtheiten, sondern mein Job ist, es „runder“ zu machen.
Ein Lektorat ist nicht günstig, das stimmt. Das sehe ich ja selbst, wenn ich eines in Auftrag gebe – ja, auch für meine Gedichtbände fällt jedes Mal ein Lektorat an. Das Problem als freiberufliche Lektorin ist, dass man viel mit Selfpublishern arbeitet und deren Budget meistens recht begrenzt ist. Man kann leider nicht unbegrenzt entgegenkommend sein, auch wenn man das gern würde. Es ist mein Hauptjob und ich muss auch Rechnungen bezahlen. Viele vergessen das. Ein Lektorat ist viel Arbeit, es ist anstrengend und muss auch wie jede andere Arbeit vergütet werden. Ich biete faire Preise an, versuche Möglichkeiten für jeden zu finden und da tut es dann doppelt weh, wenn man nicht bezahlt wird – denn ja, das ist schon vorgekommen, mehr als einmal. Weswegen ich jetzt leider bei Neukunden auf Vorkasse umstellen muss, so leid mir das tut.
Wenn an etwas gespart wird, dann ist es meistens das Lektorat, was schade ist. Natürlich gibt es Texte, die auch ohne Lektorat glänzen, aber bei den allermeisten ist ein Lektor eine gute Investition. Lasst einfach mal ein paar Seiten Probelektorieren, dann merkt ihr, wie groß der Unterschied sein kann.
Ja, als Lektorin lese ich viel, das stimmt, aber es ist durchaus Arbeit. Gerade als ich angefangen habe, habe ich das oft unterschätzt. Ich bin damals oft durch die geistige Arbeit so müde geworden, dass ich auf der Tastatur meines Laptops eingeschlafen bin. Nicht, weil das Buch nicht spannend war, aber weil ich die Anstrengung unterschätzt und nicht genügend Pausen gemacht habe. Das weiß ich mittlerweile besser. Ich muss sehr konzentriert arbeiten und darf nichts übersehen. Das ist kein „normales“ Lesen mehr, sondern Arbeit. Auch wenn ich sie liebe und sie mir großen Spaß macht.
Habt ihr Fragen zum Thema Lektorat? Dann schreibt gern in die Kommentare, oder per Mail.
Die Webseite meines Lektorats findet ihr übrigens hier.